Tajikistan
(18.-25.07.2013)

18.07.2013

Pamir Highway

Murgab

 

Nach dem Kirgisischen Grenzposten fährt man rund 20km im Niemandsland und so ist auch die Strasse: Eine ziemlich rumpelige Lehmpiste auf den Kyzyl-Art Pass auf 4300m. Das einfache Gate zum Tajikischen Grenzposten ist geschlossen und wir müssen 15 Minuten warten, bis uns Einlass gewährt wird. Der Beamte im Immigration Office, einem zugigen Container, nimmt sich Zeit und wir beobachten solange das Geschehen auf diesem abgelegenen Posten. Ob man hierher wohl strafversetzt wird? Hier haben wir auch ein letztes Mal mit China Sichtkontakt: An dieser Ecke kommen Kirgistan, China und eben Tajikistan zusammen - wer hätte das gewusst? Die Immigration ist erledigt und nun kommt noch Zoll und Transportation Office. Schuhe werden ausgezogen, um in die warme Stube zu gelangen (da duftet es köstlich nach einer frischen Fleischbrühe) und dann werden dort Zettel für die Fahrzeugregistrierung und die Fahrbewilligung ausgefüllt. Beides kostet blanke Dollares, scheint aber legitim zu sein, wir erhalten für beide Beträge eine Quittung.

Über den Kyzyl-Art Pass (4336m) gelangt man zur Tajikischen Grenze

Tajikistan wie auch Kirgistan ist ein belietes Reiseziel für Radfahrer, Biker und mobile Touristen wie uns. So trifft man bereits im Grenzgelände die ersten Radfahrer aus Frankreich und auch noch einen Vertreter der Schweizer Botschaft. Schnell noch die wichtigsten Informationen austauschen, bevor wir in die Wüstenlandschaft eintauchen.

Genau genommen sind wir bereits seit Osh auf dem Pamir-Highway, erst mit dem Kyzyl-Art Pass (4336m) im Grenzgebiet bekommt dieser aber für uns seinen berühmten Reiz. Auch das Pamir Gebirge wird das "Dach der Welt" genannt, was wir aber nach Tibet nur schwer verstehen können. Insgesamt fährt man im Pamir weniger als 450km auf über 3000m und es gibt nur ein paar 4'000er Pässe. Aber vielleicht kann uns das ja mal hier jemand erklären.

Wir fahren durch karge Wüstenlandschaften und geniessen eine eindrückliche Fernsicht auf den Karakul See. Während wir unseren Lunch in der sengenden Hitze geniessen, kreisen die Schatten von riesigen Adlern über unsere Köpfe und wir fragen uns, ob wir wohl in deren Beuteschema passen... die nächsten 200 Kilometer bis nach Murgab bleiben eine wechselnde Szenerien von einsamen Berg- und Wüstenlandschaften und Pisten so ganz nach unserem Geschmack. Allerdings sind starke Nerven gefragt, ein anständiger Teil der Strecke ist Wellblechpiste. Bereits passieren wir auch schon den mit 4655m höchsten Punkt (Akbaytal Pass) der ganzen Pamir-Route (war's das schon?).

Schon bald nach der Grenze kommt der Karakul' Lake in Sicht...

... welcher uns mit seinem klaren, blauen Wasser begrüsst.

In Tajikistan fährt man ein gutes Stück dem Chinesischen Vor-Grenzzaun entlang - der letzte Berührungspunkt für uns mit diesem Land.

In Murgab finden wir nach einigem Suchen auch die Sary-Köl Lodge, den Tipp des Schweizer Botschaftsvertreters. Tatsächlich ist das Guesthouse ein wirklich sehr liebevoll gepflegtes Örtchen, wo wir warm duschen (ein Eimer heisses Wasser kostet 2 USD) und was Gutes zum Nachtessen bekommen können. Um unsere Wäsche wird sich auch jemand kümmern und so wird es ein entspannter Abend mit zwei Radfahrern - es gibt wie immer viel zu erzählen. Stefan, einer der beiden, hat schon Jahre in Südamerika aber auch auf einer ähnlichen Route wie unserer geradelt. Ehrlich gesagt, ziemlich verrückt, was er schon alles gemacht hat. Insbesondere die gemeinsame und ungewöhnlich positive China-Erfahrung verbindet uns.

Das Städtchen Karakul

 

19.07.2013

Bulunkul

 

Der Besitzer des Guesthouses ist wirklich rührend freundlich und sehr fleissig. Er hat in 4 Jahren alles selber aufgebaut und das ungewöhnlich fachmännisch. Er spricht gutes Englisch und setzt sich gerne zu uns, sucht das Gespräch mit uns. Wenn wir gerade mal wieder Deutsch reden, nimmt er seinen Englisch-Dix hervor und liest darin. Wir sind uns die Sorte Männer nicht mehr gewohnt.

Die Sary-Köl Lodge in Murgab, unser erster Nachtplatz in Tajikistan

Die Bankangestellten sind zuvorkommend und helfen uns, rasch die Dollars in Landeswährung zu wechseln. Auch hier spricht jeder ein paar Brocken Englisch. Danach suchen wir Diesel, der ist im Dorf an den drei "Tank-Stellen" aber grad nicht verfügbar. Weiter (noch) kein Problem, im Zusatztank schwappen noch weitere 500km Reichweite herum. Dann noch schnell die Tourist-Info ansteuern und sehen, was es da zu erfahren gibt. Es gibt eine handvoll Postkarten - von einem Entwicklungsprojekt aus der Schweiz. Zudem eine Broschüre über das Wakhan Valley, welches wir ansteuern wollen. Das verdient Erwähnung weil es ungewöhnlich ist. Und zum Schluss gilt es noch zu überprüfen, ob wir uns im Land registrieren müssen oder nicht. Im OVIR-Büro des Polizeipostens bestätigt man uns, dass dies erst ab 30 Tagen Aufenthaltsdauer erforderlich ist und somit haben wir alles, was wir wissen müssen. Der zweite Tag in Tajikistan kann beginnen!

Grad nach Murgab kommt der Checkpoint, wo unsere Pässe registriert werden und danach haben wir freie Fahrt auf der M41, dem Pamir Highway. Aber hier ist es keine Piste mehr sondern eine asphaltierte Strasse. Nur muss man trotzdem voll bei der Sache sein. Schlaglöcher, tiefe Furchen oder unerwartete Bodenwellen können bei höherer Geschwindigkeit ziemlich gefährliche Fahrsituationen erzeugen.

Unterwegs treffen wir auf Overlander, diese kommen aus Slowenien. Wie immer stoppt man kurz und tauscht sich über Routen, Grenzroutinen, Sicherheitslage, Nachtplätze, technische Ausrüstung, etc. aus - diese Informationen sind oft für beide Seiten sehr, sehr wertvoll und können viel Ärger und unnötigen Frust vermeiden. Jeder zieht danach wieder seiner Wege.

Reisende aus Slowenien mit ihrem Landcruiser

Irgendwo bei Alichur geht eine unscheinbare Piste weg, die uns zum Yashil'kul Lake bringen soll. Was anfangs wie ein bisschen Piste aussieht, wächst sich zu einer anständigen Offroad-Fahrt aus. Mit ungemütlichen Schräglagen, Wasserquerungen, ungewöhnlichen Steigungen oder Gefällen - Spass ist garantiert und man fühlt sich weit weg von der Zivilisation. Die Piste führt an einem Fluss vorbei, über ausgetrocknete Salzseen, zu einem Geysir und endet auf einer Felsnase mit sagenhafter Aussicht auf den See, nur müssen wir noch halb drum herum, um die beschriebenen Hot Springs bei Bulunkul zu finden. Die finden wir auch nach einigem suchen, nur sind sie weniger Hot als vielmehr einfach nur Springs. Trotzdem, für ein Bad vor dem Abendessen reicht es und wir stellen uns direkt vor dem Häuschen für die Nacht auf. Es kommt nicht ein einziges Fahrzeug und keine Menschenseele vorbei, wir sind alleine bis wir am nächsten Morgen losfahren werden.

Auf dem Weg zum Yashil'kul Lake fährt man durch die Wüstenlandschaft,...

...welche sich zuweilen zur Salzwüste oder zum Sumpfgebiet wandelt.

Die Ankunft am See ist aber unvergesslich...

... und der Nachtplatz gleich neben der Heisswasserquelle besonders attraktiv

Hot Springs oder wie man sich das hier vorstellen muss

 

20.07.2013

Tuggoz

Bibi Fatima

Wakhan-Valley

Um 05:00 Uhr, also eine Stunde früher als eigentlich vorgesehen, geht der Wecker los. In der Annahme, dass es 06:00 Uhr ist, kriechen wir aus dem Schlafsack und arbeiten systemisch das Morgenprozedere ab. Erst später dann realisieren wir, dass die Zeit im Handy noch nicht umgestellt hat. Das ist hier auch etwas kompliziert. Tajikistan ist eigentlich gegenüber der Kirgisischen Zeit eine Stunde näher bei der GMT, die Stadt Murgab und nur die tickt aber weiterhin nach Kirgisischer Zeit.

Sonnenaufgang am Yashil'kul Lake

Seit gestern nach Ankunft haben wir keine Menschenseele gesehen oder gehört, nun verlassen wir dieses ruhige Fleckchen in Richtung Wakhan-Valley. Wir lesen nochmals den Hitchhiker von gestern auf, der bereits schon wieder zu Fuss unterwegs ist und bringen ihn zurück an die M41, wo er sich die nächste Mitfahrgelegenheit suchen will. Der Franzose arbeitet für ein NGO in Tajikistan, welches sich um behinderte Menschen, primär Kinder kümmert.

Bald schon kommt unsere Abzweigung auf eine Sandpiste, die uns auf die Südroute ins Wakhan Valley bringt. Gemäss Navi-App sind es rund 300km bis ans andere Ende nach Khorog - das wird mit unserem Treibstoff knapp. Wir hoffen einfach, dass es unterwegs Diesel gibt.

Der Einstieg ins Wakhan-Valley ist eine schlechte Piste, die auf einen Pass hinauf führt. Von da an fällt es eigentlich stetig von 4300m auf etwas unter 1300m ab (Kalaikhum) und verläuft auf mehreren hundert Kilometern dem Grenzfluss zwischen Afghanistan und Tajikistan entlang. Der Pass ist karg und unbelebt. Kurz, bevor man auf den Fluss stösst, kommt ein Militär Checkpoint, wo unsere Daten sorgfältig aufgenommen werden. Nach 10 Minuten unermüdlicher Funkversuche kommt dann endlich die Rückmeldung am Walkie-Talkie, dass wir weiter können. Ab jetzt sind wir für die nächsten 3 Tage auf Sichtdistanz mit Afghanistan - ein ungemütlicher Gedanke. Aber da die Tajiken und Afghanen ein gutes Einvernehmen miteinander haben, ist hier eigentlich wenig zu befürchten. Zudem würden uns die Checkpoints umgehend stoppen, sollte auch nur ein geringes Anzeichen von Gefahr erkennbar sein. So rollen wir die Kiespiste entlang, durch die öde und staubtrockene Landschaft. Die Piste ist zuweilen recht abenteuerlich, führt entlang von Klippen, die Steil in den Fluss abfallen. Wir kreuzen nur ganz wenige Fahrzeuge, zumeist Landcruiser mit Touristen.

Beim Einstieg ins Wakhan-Valley ist der Fluss noch ziemlich schmal - links davon ist
Afghanistan, rechts davon Tajikistan

Eines der schön dekorierten Häuser im ursprünglichen Baustil

Viele Bäume säumen den Weg, was wir sehr ungewöhnlich finden

Absolut faszinierend ist der graue Sand, den es hier auch in Form von kleinen Dünen gibt

Wir kommen viel langsamer voran, als erhofft und die Tankanzeige sinkt langsam aber stetig. Unterwegs erfahren wir, dass der Markt in Iskhashim aus Sicherheitsgründen geschlossen ist, so müssen wir wenigstens nicht hetzen. Dieser Markt ist ziemlich speziell, gibt man doch an der Tajikischen Grenze den Pass ab und geht über eine Brücke auf die andere Flussseite, also nach Afghanistan, wo der Markt abgehalten wird. Hier gäbe es schönes Kunsthandwerk zu bestaunen und das eine oder andere Souvenir zu erhaschen. Aber eben, entweder ist es eine Vorsichtsmassnahme, um die Typhus-Ausbreitung zu verhindern, viel eher aber um ein erhöhtes Risiko eines Zwischenfalls zu vermeiden. Gerade eben gab es etwas weiter im Landesinnern von Afghanistan eine Schiesserei und man will vermeiden, dass es in Grenznähe zu weiteren Konflikten kommt.

Die Kilometer ziehen sich dahin und wir bauen Höhe ab, tauchen in zunehmend grüne Flächen ein, fahren durch von Pappeln gesäumte Gassen, kleine Dörfer, vorbei an Feldern. Die Umgebung ist wirklich umwerfend schön und die Menschen sehen von ihrer Arbeit auf wenn sie uns hören und winken uns auch aus weiter Distanz zu. Eine Mutter rennt zu ihrem Kind, hebt es an und winkt auch mit dem Ärmchen des Kleinen! Meine Lieben, wer das nicht selber erlebt hat kann es kaum glauben. Laos bekommt erstmals ernsthafte Konkurrenz was die Aufmerksamkeit uns gegenüber anbelangt. Wir sind berührt! Dieses umwerfende Lächeln auf den Gesichtern...

Ein Junge mit seinem selbst gebastelten Automodell

Unterwegs gibt es uralte Festungen aus der Zeit der Seidenstrasse, eine pyramidenförmige Stupa und vieles mehr, was Touristen so gerne sehen. Wir halten bei einem kleinen Museum in Zamg an, welches in einem klassisch Tajikischem Haus eingerichtet ist. Es gibt dort die typischen Musikinstrumente, Webutensilien, Kleider und weitere Alltagsgegenstände. Spannend ist, wie hier die Häuser aufgebaut sind: Mit einem Dachfenster, welches die 4 Elemente (Wasser, Erde, Luft und Feuer), Pfeiler,die die 5 Hauptpropheten und Säulen des Islams sowie 6 plus 7 Dachträgerbalken, die die Imame und Propheten huldigen. Alles ist mit Fliesteppichen ausgelegt und früher lebten bis zu 5 Familien in so einem Haus unter einem Dach. Vor dem Museum gibt es einen besonderen Stein, der zweimal im Jahr einen besonderen Schatten wirft und dadurch den Termin für das Navruz-Fest (Frühlingsfest) festlegt. Das ist ein sogenannter Sonnenkalender.

Sonnenkalender: Nur zweimal im Jahr scheint die Sonne durch ein Loch in einem
Felsen (Horizont) und gleichzeitig durch das des Steins im Vordergrund. Dann ist es Zeit
zu feiern!

Kleine Kostprobe mit einem der alten Instrumente

Weiter südlich fährt man an grauen Sanddünen vorbei, die sehr ungewöhnlich ausschauen und den Blick irritieren. Überall dazwischen arbeiten Menschen in den saftig grünen Feldern, spielen Kinder am Strassenrand mit ihren selbst gebastelten Spielzeugen, rennen einem Fussball nach oder baden nackt in einem der kleinen Tümpel und neben der Strasse, sitzen Männer um ihre Autos herum.

In Zong kreuzen wir ein Schweizer Ehepaar mit ihrem Landrover, was wie üblich eine kurze Rast zur Folge hat. In Zong finden wir auch eine "Tank-Stelle", wo wir Diesel in einem 10-Liter Krug abgefüllt bekommen. Der Preis ist zwar hoch, weil dieses Dorf so abgelegen ist, aber dafür können wir jetzt entspannt weiter fahren.

Schlussendlich biegen wir von der Strasse ab, erklimmen den Berg auf einer schmalen Strasse auf der Suche nach den Hot Springs von Bibi-Fatima. Wir gewinnen schnell an die 500m Höhe und drehen schon fast um, als wir ganz hinten in einem Felseinschnitt die Badehäuser erspähen. Abwechselnd können Männer und Frauen das Naturbasin benutzen, das aus einer Felsspalte mit herrlich warmem Wasser gefüllt wird. Das Wasser ist so heiss, dass eine Frau ihr Bewusstsein verliert und wie ein Stoffbündel zu Boden fällt und die steile Steintreppe herunter rollt. Die anwesenden Soldaten wollen sie danach aufrichten, wir insistieren aber auf Hochlagerung der Beine und so wacht sie schlussendlich mit einer zerschlagenen Nase aus ihrer Bewusstlosigkeit auf.

Bibi Fatima liegt ca. 500m über dem Talboden und man geniesst von hier eine herrliche Weitsicht

Einst eine wichtige Festung, um die Seidenstrasse zu beschützen

Wir bleiben gleich auf dem Parkplatz stehen und bekommen immer wieder Besuch von Neugierigen Einheimischen, die oft vergleichsweise gutes Englisch sprechen.

Wir sind überwältigt von den Eindrücken nur schon in dieser kurzen Zeit. Tajikistan wird sind innert kürzester Zeit weit oben in unserer Beliebtheitsskala positionieren.

21.07.2013

Khorog

Zum Aufwachen nochmals ein heisses Bad in der heissen Quelle und weiter gehts auf der holperigen Piste, vorbei an Schluchten, die sich durch Seitenflüsse geformt haben, Felder und einfachen Wasserkraftanlagen. In einigen Dörfern stehen Schreine direkt an der Strasse, welche vorbeigehenden Menschen Glück in der Feldarbeit oder einfach so geben soll. Kinder bieten entlang der Strasse Aprikosen, Tomaten oder Beeren zum Verkauf an. Frauen breiten auf den Strassen ihre Teppiche zum Waschen aus und schrubben diese heftig, ungeachtet dem Verkehr, der um sie herum fliessen muss.

Tiefe Einschnitte in die Landschaft gehen seitlich von der Strasse ab

Unterwegs steht ein Wagen im Flussbett, er steckt dort fest. Wir würden ja gerne helfen, aber die armen Kerle, die den Wagen aus der misslichen Lage zu befreien versuchen, sind Afghanen. Zwischen uns und ihnen liegen 50m reissende Strömung, die Landesgrenze zwischen den beiden Ländern. Da ist nichts zu machen.

In Ishkashim sind keine Anzeichen eines Marktes zu sehen. Klar sollte dieser eigentlich gestern, also jeweils Samstags stattgefunden haben. Aber eben, die Sicherheitslage liess es nicht zu, die Grenzen zu öffnen und so beschränken wir uns lediglich darauf, frisches Brot aus dem Tandor Ofen zu suchen. Wir finden es auch, gross wie eine Familien-Pizza! Daran werden wir eine Weile zu nagen haben...

Brotfladen in der Grösse einer Family-Pizza

Auf der anderen Flussseite begleitet uns das Hindukush-Gebirge, während wir uns Khorog nähern. Kurz davor gibt es noch weitere heisse Quellen, die uns aber nur wegen der über jahrhunderte entstandenen, wunderschönen Kalkformation interessieren. Es ist heiss genug im Freien, da braucht es nicht nochmals 50 Grad warmes Wasser, um darin zu baden.

Grosse Kalkformationen entstanden durch Heisswasserquellen

Khorog selbst ist wenig attraktiv, jedoch ein Traveller-Drehkreuz. Der Pamir Highway und die Südroute durch Wakhan Valley laufen hier zusammen und von da an gelangt man nach Dushanbe. Es teilt auch die Wegstrecke gerade eben in zwei gute Tagesetappen, so sind hier viele Radfahrer, Reisende mit Fahrer oder eben Selbstfahrer wie wir anzutreffen. Die Preise sind generell überteuert und der Service minderwertig. Die Toiletten in der Pamir-Lodge sind eine Zumutung und die Dusche ein schlecht gemeinter Witz. Wenigstens treffen wir hier noch andere Reisende mit ihrem Mercedes Laster und haben so einen unterhaltsamen Abend mit vielen Reiseepisoden und Routeninformationen.

Eher ungewöhnlich ist aber an Khorog, dass hier drei grössere Universitäten zu finden sind, die Leute also spürbar gut ausgebildet sind. Das merkt man nur schon dem ziemlich guten Englisch an. Das würde man in dieser Gegend nicht erwarten, macht sie aber für Reisende umso attraktiver.

Leider hat sich Khorog in die Gedächtnisse vieler Reisender eingebrannt, da im Juli 2012 ein ernsthafter Zwischenfall mit etlichen Todesopfern Negativpresse gemacht hat. Wenn man von einem Land nichts weiss und nichts hört und plötzlich treffen solche News ein, so ist es automatisch negativ vorbesetzt. Und dann grenzt es auch noch an Afghanistan! Tatsächlich hatte der Konflikt nichts mit Touristen zu tun, trotzdem hört man im Urlaub ungerne Maschinengewehrfeuer in nächster Nähe. Der Tourismus leidet nachhaltig darunter, sind dieses Jahr weniger Touristen zu verzeichnen. Obschon sich das Ereignis just während unserer Anwesenheit jährt, ist es ruhig und man spürt weder eine erhöhte Armee- noch Polizeipräsenz.


22.07.2013

Kalaikhum

Entgegen unserer Erwartungen finden wir eine gute Tankstelle und eine Markthalle, wo es ein paar Dinge für unsere Verpflegung zu finden gibt. Und dann beginnt der heisse Ritt bis zum Scheidepunkt der Strasse, wo es zwischen einem sehr langsamen und sehr schlechten Pass oder einer langsamen und deutlich längeren Strasse zu entscheiden gilt. Aber erstmals rund 200km einfach nur dem Fluss entlang, immer einen Blick auf Afghanistan. Der Fluss hat sich mittlerweile deutlich verbreitert und hat an Getöse zugelegt. Das mag aber nicht den Lärm der Federarbeit überdecken, die unser armes Fahrwerk zu leisten hat. Die Strasse ist kein Vergnügen und das Gerüttel wird uns den ganzen Tag zermürben. Wenigstens gibts was zum Schmunzeln: Die "Emergency Lane" für Auto's mit "Brake Failure" ist das der sichere Tod. Immer wieder stehen die Schilder am Strassenrand doch da, wo wir sowas wie ein Kiesbett erwarten würden kommt eigentlich nichts ausser vielleicht ein Bachbett quer zur Strasse, tiefe Gruben oder eine Siedlung.

Es ist aber tröstlich zu sehen, wie das Pendant zu unserer Strasse in Afghanistan verläuft und wir beneiden die Menschen nicht, die den Weg regelmässig benützen müssen. Der Weg ist stellenweise haarsträubend und wir haben Mühe, ihn von der gegenüberliegenden Seite überhaupt verfolgen zu können. In Felsen gehauen, auf Holzrosten, steil aufsteigend oder abfallend: An anderen Orten wird das als Adventure-Tour angeboten. Wieviel Menschen hier wohl schon im Fluss verschwunden und nie mehr aufgetaucht sind?

Kaum auszumachen ist der Weg, der hier abenteuerlich in die senkrechte Felswand
gearbeitet ist und für Afghanen die einzige Verbindung zum nächsten Dorf bedeuten kann

Kurz vor Mittag steht ein kleiner Junge am Strassenrand und hält die Hand auf, er möchte mitfahren. Es ist weit und breit nichts und niemand zu sehen, so nehmen wir ihn ein paar Kilometer mit bis ins nächste Dorf. Der Junge sitzt ganz ehrfürchtig auf dem Beifahrersitz und geniesst es sichtlich, in diesem Schüttelbecher mitzufahren. Im Dorf angekommen hüpft er raus, sagt "Spasiba!" und geht zu seinen Freunden auf der gegenüberliegenden Seite. Wir sind gerade vor einem Brunnen zu stehen gekommen und testen kurz das Wasser, welches frei von Schwebestoffen und geschmacklich einwandfrei zu sein scheint. Mehrere Leute bestätigen zudem, dass es trinkbar ist und so befüllen wir unseren Wassertank erstmals seit der Mongolei wieder mit Frischwasser aus natürlichen Quellen. Und weil der Brunnen gerade vor einem "Kafe" steht, gibt es hier auch gleich noch "Laghman", eine Nudelsuppe mit Fleisch und Gemüse drin, was prima schmeckt. Wir bezahlen weniger als 5 USD für alles und nehmen die nächsten 100km in Angriff.

Unser Fahrgast (rechts) und seine Freunde

Immer wieder begegnen uns Armee-Patroullien, die der Strasse entlang wandern. Auch sonst ist immer mal wieder ein kleiner Stützpunkt oder sonst militärische Infrastruktur auszumachen. Die Checkpoints, heute gab es deren drei, sind aber relaxed und die Beamten wissen teilweise selber nicht so genau, was sie aus unseren Pässen nun in das Logbuch eintragen sollen. Wir lassen es über uns ergehen, sind sie doch im Ernstfall die, die uns vor Gefahr schützen indem der Checkpoint gesperrt wird. Die Armee ist uns gegenüber freundlich und alle grüssen im Vorbeigehen. Wir nehmen auch mal einen der AdA für ein paar Kilometer mit, als er am Strassenrand die Hand aufhält. Der Tajikistan soll die Hauptexportroute für die Drogen aus Afghanistan sein, so erklärt sich auch die hohe Armeepräsenz und die nach wie vor teilweise verminten Flussufer.

Mehr als die rund 230km bis zur besagten Weggabelung schaffen wir heute nicht, der Wagen nimmt die Schläge zwar noch immer besser hin als wir aber irgendwann hat man keine Lust mehr und will einfach ein bisschen Ruhe. An der Kreuzung steht nun auch noch das, was uns den Rest gibt: 285km über den Pass oder 379km über die Südroute nach Dushanbe - das wird nochmals ein happiger Fahrtag morgen, egal wie wir uns entscheiden.

 

23.-24.07.2013

Dushanbe

 

Sehr früh geht es los, damit wir die rund 400km Distanz nach Dushambe vor 19:00 Uhr schaffen - wir sind zum Nachtessen verabredet. Die eingeholten Informationen besagen alle, dass es eine lange und schlechte Strecke sei. Die Tatsache ist aber, dass zwar stellenweise die Strasse im Bau oder einfach so schlecht ist, die Mehrheit aber doch normaler Asphalt ist und wir so schon am frühen Nachmittag Dushanbe erreichen.

Wie immer ziehen wir eine dichte Staubfahne hinter uns her

Der Reifendruck muss wieder an die Strassenverhältnisse angepasst werden und kaum setzen wir uns zurück auf die Strasse und geben Gas, springt so ein verflixter Carabinieri aus dem Wagen und stoppt uns beherzt. Kein Russisch? Nein. Mitkommen! Er zeigt uns auf seiner Radar-Spielzeugpistole einen Wert von 68km/h - nur wie schnell darf man denn hier fahren? Er malt mit einem Kulli die "60" auf die Hand und somit ist klar, wir seien zu schnell gefahren. Er will 40 Som, was zwar etwas viel aber nicht unermesslich teuer ist - 8 USD tun nicht weh und wir haben eigentlich keine Zeit zu diskutieren. Immerhin nimmt er einen Bussenblock von der Ablage und kritzelt die Quittung voll mit ein paar uns unverständlichen Angaben. Aha: Straf 40 Som, er meint es also ernst. Aber so einfach lassen wir das nicht durchgehen. Den oberen Teil des Belegs bitte auch schön ausfüllen, ja auch den Betrag. 40 S-O-M. Dankeschön, nun könnt ihr das Geld haben. Nächstes Mal, wenn wir etwas mehr Zeit haben, schikanieren wir euch auch erstmal ein bisschen... da gibt es so ein paar Zermürbungstricks, die wir gerne testen wollen.

Dem Esel scheint's egal zu sein...

Wir werden an mehreren Checkpoints aufgehalten und einer der Beamten sagt wiederholt was von "Rutschki", der Bussenzettel und das Dokument des Transportation Departments, welche wir herausstrecken, kümmern ihn nicht. Aha! Er will unseren Kulli: Mein Lieber, erstmals beweg deinen faulen Hintern vom Sitz nicht erst, wenn wir schon vorbei gefahren sind und zurücksetzen müssen. Und zweitens, wir haben kein "Bitte"gehört, also vergiss es. Wir stellen fest: Die Polizei ist hier deutlich unsympatischer als in jedem anderen Land zuvor. Und dann gibt es auch noch soviele davon! Dabei könnten sie sich ein Beispiel an den Armee Checkpoints nehmen: Freundlich und korrekt! Und das, obschon sie teilweise total abgelegen postiert sind und teilweise nicht einmal genug zu Essen kriegen.

In Duschanbe setzen wir uns erstmals in eine Hotellobby, um die wichtigsten Mails zu checken und erfahren dann, dass wir privat im Innenhof des Hauses unseres Gastgebers übernachten dürfen. Wir sind zum Raclette mit Schweizer Käse eingeladen und es werden etwa 20 Gäste erwartet. Wir werden im Hotel abgeholt und besorgen im Eilzugstempo die fehlenden Zutaten im Basar, um rechtzeitig alles für die eintreffenden Gäste parat zu haben. Es ist eine kunterbunte Gesellschaft aus zumeist Expats, die für Hilfsorganisationen, Konsulate oder als Berater in diesem Land tätig sind. Wir sind da die einzigen, die wohl etwas aus dem Rahmen fallen...

Raclette mit Schweizer Käse - und das in Dushanbe!

Nach einem Autocheck in einer auf Landcruiser des Roten Kreuzes spezialisierten Garage nutzen wir den Tag für einen Besuch beim Friseur, Einkauf im Supermarkt und Geldbezug, um den Tank letzmals mit Tajikischem Diesel zu füllen. Die Hotellobby ist aber schlussendlich doch wieder zu bequem, um gleich weiter zu fahren und so fragen wir nach, ob wir eine Nacht auf dem Parkplatz zu Gast sein dürfen. Das spontane ja ist erfreulich und das Nachtessen im "Segafredo" wieder mal so richtig gut. Gut gibt es auch hier keine Postkarten, sonst hätten wir wohl ein schlechtes Gewissen, so lazy abzuhängen.

Es sind manchmal die kleinen Dinge, die wirklich Freude machen

Plötzlich wird es ruhig auf der Strasse, viel Polizei marschiert auf oder prescht mit Blauchlicht vorbei, der Verkehr kommt zum Erliegen. Dann kommt ein Konvoi mit zwei schwarzen Stretchlimousinen und verschiedenen Begleitfahrzeugen mit deutlich überhöhter Geschwindidkeit angerast. Der Präsident hat uns soeben mit einem Blitzbesuch beehrt! Irgendwie furchteinflössend, wie das hier organisiert ist. Man stelle sich vor, der Bundespräsident Ueli Maurer würde so durch Bern chauffiert?! Das gäbe einen Riesenklamauk in der Presse...

 

25.07.2013

Ausreise

Wir verlassen das Land, in dem Marco Polo im 13 Jh. einst reiste. Auf dem Weg an die Grenze muss nocheinmal voll aufgetankt werden, da in Usbekistan Diesel rund 2 USD kostet, vor allem aber ein rares Gut sein soll. Das wird uns wenig kümmern, mit unserer Tankfüllung fahren wir bis nach Turkmenistan.

Uns begleitet weiterhin noch die unglaublich hohe Dichte von Opel Astra im Strassenverkehr, es scheint fast ausschliesslich nur Astras hier zu geben. Dann kommt die Grenze und der Verkehr wird sehr dünn. Eigentlich sind wir das einzige Fahrzeug, neben einer Kolonne von Trucks, welches ausreisen will. Wir werden wie üblich schnell und unkompliziert abgefertigt und der Grenzer fragt uns nur noch, ob uns sein Heimatland gefallen hätte. Daumen hoch und ja, sehr schönes Land mit äusserst freundlichen Menschen.